Die Weimarer Republik

In den wenigen Jahren ihres Bestehens war die Weimarer Republik ungeheuren Belastungsproben unterworfen: Der verlorene Erste Weltkrieg zerstörte ihr ökonomisches Fundament; 1923 ging die traditionelle Währung in einer nie dagewesenen Inflation unter. Und kaum hatte sich die deutsche Wirtschaft wieder etwas stabilisiert, brach 1929/30 die große Weltwirtschaftskrise herein. Millionen wurden arbeitslos – und es gab kein soziales Netz, das sie für längere Zeit vor dem Sturz in wirklich existentielle Not bewahrt hätte.

Nur wenige Gemeinden besitzen ein derart weit zurückreichendes (und noch immer anhaltendes) Interesse an Luftaufnahmen wie Kronau. Das älteste, hier abgebildete, derartige Foto stammt aus den Anfangszeiten der kommerziellen Fliegerei. Es wurde am 30. August 1926 aufgenommen, im selben Jahr, in dem die Deutsche Lufthansa gegründet wurde. Es zeigt eigentlich noch das Kronau des 19. Jahrhunderts, denn die Bautätigkeit im frühen 20. Jahrhundert hielt sich in engen Grenzen. Das Wachstum späterer Jahrzehnte nach dem Zweiten Weltkrieg konnte damals noch niemand erahnen.

All dies galt auch für Kronau. Doch während im Allgemeinen die politischen Verhältnisse im Laufe kurzer Zeit heftige Verwerfungen erlebten, blieb die Lage in Kronau erstaunlich stabil. Schon bei den ersten Wahlen 1919 galt, was sich in fast allen weiteren Urnengängen wiederholen sollte: In der fast durchweg katholischen Gemeinde gab es eigentlich nur eine politische Kraft – die des Zentrums, der Partei des politischen Katholizismus. Regelmäßig kam das Zentrum auf um die 80 Prozent der abgegebenen Stimmen, während sich die Sozialdemokratie mit etwa 20 Prozent begnügen musste. Alle übrigen Parteien waren daneben völlig bedeutungslos.

Hermann Dissert (1883–1944), hier mit seiner Ehefrau Rosa geb. Kugelher, war von 1928 bis 1933 Bürgermeister Kronaus.

Kommunalpolitisch war die Dominanz des Zentrums so groß, dass die wirkliche Entscheidung zwischen seinen verschiedenen Varianten getroffen werden musste, die letztlich rein personenbezogen gewesen zu sein scheinen. 1926 war diesbezüglich der Höhepunkt erreicht. Da standen neben der „Zentrumspartei Kronau“ auch die „Liste der Zentrumspartei“ und die „Katholische Volkspartei“ zur Wahl.

Und bei der Bürgermeisterwahl 1928 kandidierte gegen den dem Zentrum angehörenden Amtsinhaber Alois Schatton ein weiteres Zentrumsmitglied, Hermann Dissert. Weil es in drei Wahlgängen keine Mehrheit gab, wurde Dissert schließlich vom Innenministerium kommissarisch eingesetzt. Erst 1929 wurde er dann durch ordentliche Wahl bestätigt und konnte bis 1933 amtieren. Dann machten sich auch in Kronau die Folgen der nationalsozialistischen Machtergreifung bemerkbar.