Zum Volkstrauertag - Gedenkstunde für Opfer von Krieg und Gewalt

15.11.2016

(von Frieder Scholtes) Bürgermeister Frank Burkard hatte alle Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde eingeladen bei der in Kronau traditionellen Gedenkstunde den Opfern von Krieg und Gewalt vor den Ehrenmalen auf dem Friedhof zu gedenken. Begleitet vom Musikverein Harmonie Kronau zogen Vereine und Bürger von der Kirche zum Friedhof und bezeugten ihre Solidarität der Kronauer Dorfgemeinschaft. Die musikalische Umrahmung der Veranstaltung übernahm der Musikverein gemeinsam mit dem Gesangverein Frohsinn.

Von einer Ehren-Abordnung der Freiwilligen Feuerwehr unterstützt legte das Ortsoberhaupt vor dem Ehrenmal der Opfer des 2. Weltkrieges einen Kranz nieder.
Mit dem Lied vom guten Kameraden beendeten die Musiker des Musikvereins die Gedenkstunde.

Lesen Sie hier die Ansprache des Bürgermeisters:

Sehr geehrter Bürgermeister a.D.,
Sehr geehrte Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Gedenkveranstaltung,

„Fünf große Feinde des Friedens wohnen in uns: nämlich Habgier, Ehrgeiz, Neid, Wut und Stolz. Wenn diese Feinde vertrieben werden könnten, würden wir zweifellos ewigen Frieden genießen.“

Das wusste schon im 14. Jahrhundert der italienische Dichter und Gelehrte Francesco Petrarca, und es erklärt auch, warum Alfred Nobels ehrenwerte Bemühungen immer nur ein Symbol guten Willens und ein Ansporn für alle Menschen sein können, Frieden zu schaffen.

Am heutigen Volkstrauertag rufen wir uns in Erinnerung welche fürchterlichen Folgen es hat, wenn Konflikte nicht mit friedlichen Mitteln beigelegt werden können, wenn durch mangelnden Willen zum Kompromiss Meinungsverschiedenheiten eskalieren und wenn durch mangelnde Zivilcourage den gefährlichen Unruhestifter nicht mehr rechtzeitig Einhalt geboten werden kann.

Wir gedenken zum einen den Toten der Weltkriege zum anderen trauern wir gleichermaßen um die Opfer der zahlreichen regionalen Kriege, den Opfern von Flucht und Vertreibung sowie Terror und Gewalt.

Wichtig ist, dass wir das gemeinsam tun. Überkonfessionell, überparteilich, über jede soziale Stellung hinweg sowie ohne Ansehen der Person bezüglich ihres Alters, ihrer Hautfarbe oder ihres Geschlechts. Das ist der Sinn des Volkstrauertags in Deutschland.

Das Heidelberger Institut für Konfliktforschung zählt derzeit weltweit 21 Kriege und insgesamt 46 Konflikte, die als hoch gewaltsam eingestuft werden. Diese Zahlen haben in den letzten Jahren zugenommen und die Tendenz ist weiterhin steigend. Außerdem ist die Zahl der Todesopfer dramatisch gestiegen. Sehr plastisch wird die Situation bei folgender Feststellung:
Es gibt derzeit auf der Welt nur noch 10 Staaten, die von keinem bewaffneten Konflikt betroffen sind.

Allein unsere Bundeswehr ist an 15 Einsätzen beteiligt! Das sind nicht nur Zahlen, sondern dahinter stecken Schicksale. Betroffene Frauen und Männer, deren Partner, Kinder und Angehörige, die jeden Tag und jede Nacht mit der Ungewissheit leben, dass die Lieben gar nicht mehr oder nicht mehr gesund aus den Einsätzen zurückkehren. Ja, diese gibt es auch in unserer Gemeinde.

Bei der Gesundheit geht es im Übrigen nicht nur um die rein körperliche Verfassung, nein, das gilt auch und vor allem für die Psyche, die sich meist ein Leben lang nicht mehr erholt.

Dass deutsche Soldatinnen und Soldaten ins Ausland geschickt werden, dass sie dort kämpfen, dass sie ihr Leben riskieren, das ist im öffentlichen Bewusstsein leider kaum präsent. Das liegt sicher mit daran, dass die Einsatz- und Kriegsschauplätze geografisch weit von uns weg sind. Doch wenn wir Soldatinnen und Soldaten in Krisengebiete schicken, dann sind wir es ihnen schuldig, dass sich unsere Gesellschaft mit ihrer Lage und ihrem Auftrag auseinandersetzt.

Wer erinnert sich an die Situation in der von Marokko besetzten Westsahara. Ganz aktuell wurden dort Demonstrationen niedergeschlagen. Die Bundeswehrsoldaten sind als Militärbeobachter vor Ort.

Wer denkt an den nach wie vor brutal herrschenden Bürgerkrieg im Südsudan. Der Frieden ist trotz zahlreicher Abkommen in weiter Ferne. Erst im August sind 60.000 Menschen in das Nachbarland geflohen. Auch hier ist die Bundeswehr im Rahmen eines UN – Mandats dabei.

Ebenso in Mali, wo die Bevölkerung unter dem Terror der Islamisten leidet. Hier hat der Bundestag erst am 28. Januar diesen Jahres eine Ausweitung des Mandats mit einer deutlichen Ausweitung des Personaleinsatzes beschlossen.

Vieles weitere könnte ich aufzählen aber es würde nichts an der Botschaft ändern. Diese lautet:

Lassen Sie uns niemand vergessen, weder die Bevölkerung in den Krisengebieten die nicht im Fokus der Öffentlichkeit stehen, noch die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und anderer Armeen, die dort ihren Einsatz für den Frieden leisten.
Lassen Sie uns unseren Beitrag leisten für den Frieden in der Welt bzw. diejenigen unterstützen, die diesen Beitrag in unserem Auftrag leisten. Das sind neben der Bundeswehr auch Organisationen, wie beispielsweise das Internationale Rote Kreuz, Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International oder Human rights watch.

Lassen Sie uns vor allem niemals vergessen, welchen unvorstellbar hohen Wert der Friede hat, in dem wir nun seit 71 Jahren leben dürfen. Er ist die Ausnahme, leider nicht die Regel.

Es waren unsere Väter und Großväter, die zuvor in zwei sinnlosen Weltkriegen gestorben sind. Sie haben ihre Jugend auf den Schlachtfeldern verbracht statt auf einem anständigen Arbeitsplatz und in der Gesellschaft von Familie und Freunden.

Die Materialschlachten des ersten Weltkrieges wurden nicht nur mit Munitionsmassen geführt, sondern in erster Linie mit Menschen. Dabei fühlte sich der einfache Soldat an der Front der massenhaften Vernichtungsmaschinerie hilflos ausgeliefert. Der Soldat und Zeitzeuge Paul Boelke schrieb in einem Brief über die Schlacht von Verdun folgende Zeilen: „Verdun, ein furchtbares Wort! Unzählige Menschen, jung und hoffnungsvoll, haben hier ihr Leben lassen müssen, ihre Gebeine verwesen nun irgendwo zwischen Stellungen und in Massengräbern. Kommt der Soldat morgens aus dem Granatloch, viele sind ganz voller Wasser, so packt ihn ein Schütteln, wenn er seine Blicke rundum schickt. Hier hat der Tod seine Knochensaat ausgesäht“.
Der erste Weltkrieg forderte insgesamt 17 Millionen Menschleben.

Bereits 19 Jahre später kam es zur nächsten Katastrophe. Im zweiten Weltkrieg starben 5,3 Millionen deutsche Soldaten und 1,75 Millionen Zivilisten in Deutschland. Nicht verschweigen will ich, dass auch 27 Millionen Sowjet-Bürger, 10 Millionen Chinesen, 6 Millionen Polen und vor allem 6 Millionen Juden auf unvergleichlich grausame Art und Weise ihr Leben ließen.

Trotz allem ist es gelungen, in der Nachkriegszeit die Grundlagen unseres Friedens und unserer Freiheit zu legen. Zwei Begriffe, die im Übrigen untrennbar zusammen gehören, denn ein Friede in Knechtschaft ist nicht wirklich viel wert.

Blicken wir in diesem Zusammenhang auf die Menschen, die in der DDR in Gefängnissen der Stasi ihr Leben oder mindestens einen großen Teil ihrer Gesundheit gelassen haben. Menschen, die nach zwei Weltkriegen noch 40 Jahre lang eingesperrt waren, bespitzelt und an ihrer freien Entfaltung gehindert wurden. Sie kamen vom Regen in die Traufe und je nachdem wann sie geboren wurden haben sie Frieden in Freiheit nie erlebt.

Frieden und Freiheit in Deutschland haben wir letztlich den westlichen Alliierten, den Amerikanern, Briten und Franzosen zu verdanken. Ihre Soldaten sind für uns und unsere gemeinsamen Ideale von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gestorben. Daran gibt es keinen Zweifel. Es waren rund 890.000 an der Zahl. Vor diesem Hintergrund ist und bleibt es unendlich wichtig, die transatlantische Partnerschaft und Freundschaft fortzusetzen und die Europäische Integration zu leben.

Viel zu verdanken haben wir auch den Gründervätern der Europäischen Union bzw. den Gründerväter der damaligen Montanunion. Diese Frauen und Männer hatten den Mut zur Aussöhnung in einer Zeit, als der Krieg erst ganz kurz vorbei war und viele ihren Groll noch nicht überwunden hatten. Stellvertretend für sie alle will ich zwei Männer in unser Gedächtnis rufen. Den ehemaligen französischen Außenminister Robert Schuhmann und den ersten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland Dr. Konrad Adenauer. Durch ihren Einsatz konnte ein gemeinsames Europa entstehen, das uns bis heute den Frieden in Freiheit und den Wohlstand sichert.
Egal wie schwierig die Zeiten in Europa und für unser gemeinsames Europa auch sein mögen. Ich warne davor, diesen Weg auch nur im Ansatz in Frage zu stellen.

Wir als Kronauer, als deutsche und Europäer profitieren ohne unser eigenes Zutun von diesen Rahmenbedingungen. Daher muss es uns auch Verpflichtung sein anderen in Not zu helfen. Ich sehe daher mit Freude, dass sich sehr viele Ehrenamtliche um die Flüchtlinge in der Gemeinschaftsunterkunft Bad Schönborn - Kronau bemühen. Darüber hinaus schätze ich den Einsatz des Vereins Flüchtlingshilfe in Bad Schönborn und Kronau über alle Maßen.
Im Namen der Gemeinde Kronau möchte ich mich für dieses Engagement ganz herzlich bedanken.

Ich wünsche mir, dass wir alle einen offenen Umgang mit den Flüchtlingen pflegen und uns dabei bewusst sind, dass jeder von uns in dieser Situation sein könnte.
Erteilen wir daher allen Anzeichen von Fremdenfeindlichkeit und Rechtsradikalismus, vor allem aber auch der Gleichgültigkeit, die diese letztlich befördert, eine konsequente Absage. Lassen Sie uns überdies die Umdeutung des Volkstrauertags durch die Neo-Nazis verurteilen. Diese nutzen leider den heutigen Tag nicht um zu trauern, sondern um an einigen Gedenkstätten des Landes die Wehrmacht und die Waffen SS verherrlichen.

Die größte Last und das größte persönliche Risiko an kriegerischen Auseinander-setzungen tragen letztlich die, die als Zivilisten in den belagerten Gebieten verbleiben oder verbleiben müssen. Bei der medialen Präsenz der Flüchtlingsthematik erhält dieser Teil der jeweiligen Bevölkerung häufig viel zu wenig Aufmerksamkeit.

Denken wir daher gemeinsam an das Schicksal der Frauen in den Gebieten des islamischen Staates.

Denken wir an die vielen Kinder, die skrupellos als Soldaten rekrutiert werden. Die einer Gehirnwäsche unterzogen werden von der sie sich ihr Leben lang nicht mehr erholen.

Denken wir an all jene, die Opfer von Folter geworden sind und an all diejenigen, die den Verlust von geliebten Menschen zu beklagen haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Kriege stehen nicht am Anfang der Katastrophe, sondern bilden ihren Abschluss. Die Anfänge liegen im falschen Umgang der Menschen und Völker untereinander, letztlich also an uns allen, da wir alle zum Gemeinwesen gehören. Wir alle tragen die Verantwortung, insbesondere wenn wir zur Wahl aufgerufen sind.

Vergessen wir nicht:
Unser Friede ist zerbrechlich. Lassen Sie uns deshalb gemeinsam, mutig und entschlossen für den Frieden in Freiheit als Grundlage unseres Wohlstandes eintreten.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit

 
 

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